„Zu erwartende Kostensteigerungen können berücksichtigt werden“
Angesichts steigender Gaspreise fragen sich viele Vermieter, ob und wie sie die Betriebskostenvorauszahlungen der Mieter für Wohnraum anpassen können. Chefjustiziarin Inka-Marie Storm erklärt im Interview die rechtlichen Rahmenbedingungen und warum eine Anpassung auch im Sinne der Mieter ist.
Können die Vorauszahlungen nur um den Betrag aus der letzten Betriebskostenabrechnung angepasst werden?
Nein, auch zu erwartende Kostensteigerungen können berücksichtigt werden (Urteil vom Bundesgerichtshof (BGH) vom 28. September 2011, VIII ZR 294/10). Gemäß § 560 Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) können die Vertragsparteien eine Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen, sofern die Vorauszahlungspflicht vertraglich vereinbart ist. Dafür müssen Vermieter eine Prognose über das Jahr stellen. Ein pauschaler Sicherheitszuschlag ist hingegen nicht zulässig, wie der BGH bereits in der Vergangenheit entschieden hat.
Kann die Erhöhung der Vorauszahlung nur mit der Betriebskostenabrechnung vorgenommen werden?
Nein, die Erhöhung kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn das Abrechnungsjahr bereits abgelaufen, die Abrechnung aber noch nicht erfolgt ist (BGH-Urteil vom 18. Mai 2011, VIII ZR 271/10). Der BGH begründet dies mit dem Sinn und Zweck des § 560 Absatz 4 BGB:
Mit der Anpassung der Vorauszahlungen nach einer Abrechnung soll erreicht werden, dass die vom Mieter zu leistenden Abschläge den tatsächlichen Kosten möglichst nahekommen, sodass weder der Mieter dem Vermieter – durch zu hohe Vorauszahlungen – ein zinsloses Darlehen gewährt noch der Vermieter – angesichts zu niedriger Vorauszahlungen – die Nebenkosten teilweise vorfinanzieren muss.
Es widerspräche diesem Zweck, eine Anpassung zu verwehren und damit bei unrealistischen Vorauszahlungen zu bleiben. Die Anpassung kann aber nur für die Zukunft erfolgen; sie kann nicht rückwirkend geltend gemacht werden. Sofern eine neue Abrechnung erfolgt, muss diese als Grundlage für eine etwaige Anpassung genommen werden. Das Anpassungsrecht auf Grundlage der vorherigen Abrechnung ist dann verwirkt.